MDR
MEDICAL
DEVICE
REGULATION
Erhöhte Anforderungen
an Sonderanfertiger
Die offizielle Bezeichnung der Medizinprodukte-Verordnung ist „MDR 2017 | 745“. Es steht fest, dass die Medizinproduktverordnung für alle Hersteller von Medizinprodukten verpflichtend ist. Das schließt gewerblichen Dentallaboren und Praxislaboren jeder Größe ein. Ähnlich wie für die industrielle Hersteller werden mit der MDR auch die Anforderungen an Sonderanfertiger (z.B. Dentallabore) erhöht. Besondere Herausforderungen bestehen in diesem Zusammenhang in der klinischen Bewertung (inklusive der klinischen Nachbeobachtung), des Risikomanagements sowie der proaktiven Überwachung nach dem Inverkehrbringen
ab dem
26
Mai 2021
Die Medizinprodukte-Verordnung stellt gewerbliche- und Praxislabore vor noch nie dagewesene regulatorische Herausforderungen.
Till Stadermann
Kommerzieller Geschäftsführer
Was bedeutet das für Ihr Labor?
Risikomanagementsystem einführen
Erfassung von Vorkommnissen und Produktbeobachtung
Ernennung einer verantwortlichen Person
Chargenrückverfolgung sicherstellen
(kann durch Ihre Abrechnungssoftware abgebildet werden)
Am 26.05.2021 ist die Übergangsfrist für die Medizinprodukteverordnung verstrichen. Bis dahin müssen Sie als Zahntechniker alle Regularien erfüllen.
Was ist der Hintergrund der Verordnung?
Die abgelösten Richtlinien (92/43 EWG und das Medizinproduktegesetz), wiesen diverse Probleme mit Implantaten auf. Öffentlichkeitswirksam wurde dies in einer der größten Skandale der Medizinproduktbranche sichtbar: der sogenannte „PIP-Skandal“ um minderwertige Brustimplantate.
Die Europäische Kommission reagierte auf den PIP-Skandal, in dem die 2008 angekündigte Revision des Rechtsrahmens für Medizinprodukte weiter vorangetrieben wurde. Die endgültige Verabschiedung der neuen Verordnung sollte jedoch bis April 2017 andauern. Die dreijährige Übergangsfrist zur Implementierung wurde im April 2020 aufgrund der Corona Pandemie um ein Jahr verlängert. So müssen alle Medizinproduktehersteller die Anforderungen bis zum 26. Mai 2021 umgesetzt haben.
Bei der Verordnung handelt es sich um eine Schutzmaßnahme, die den Verbraucher bzw. Patienten in den Fokus stellt.
Anforderungen an Dentallabore
Die MDR unterscheidet nicht zwischen den Herstellern von Serienprodukten oder den von Sonderanfertigungen.
Gemäß der MDR gibt es nur „Hersteller“ im engeren Sinne.
Dennoch gelten für Sonderanfertigungen bestimmte Besonderheiten und Einschränkungen.
Dokumentationspflicht
Es muss wie bisher eine Konformitätserklärung erstellt werden, die folgende Angaben enthält:
- Name und Anschrift des Herstellers, sowie aller Fertigungsstätten.
- eine Erklärung, dass das Produkt für einen bestimmten Patient oder Anwender bestimmt ist, der durch seinen Namen, ein Akronym oder einen nummerischen Code identifiziert wird.
- Name des Verordnenden und gegebenenfalls Name der betreffenden medizinischen Einrichtung
- die spezifischen Merkmale des Produkts.
- eine Erklärung, dass das betreffende Produkt den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen gemäß Anhang I der MDR entspricht und gegebenenfalls einen Verweis auf die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen, welche nicht vollständig eingehalten wurden (mit Angabe der Gründe).
Zusätzlich zu der Erklärung, muss eine Dokumentation von der Herstellung der Sonderanfertigungen erstellt werden. Diese muss für mindestens 10 Jahre aufbewahrt werden.
Abschließend muss ein System zur Chargenrückverfolgung eingeführt werden (z. B. über Lieferscheine, Chargen- und Losnummern). Das System kann praxistauglich mit der Materialwirtschaft abgedeckt werden.
Risikomanagementsystem
Das zu implementierende Risikomanagementsystem (gelegentlich auch als Qualitätsmanagementsystem bezeichnet) muss gemäß der Verordnung folgende Aspekte abdecken:
- Risikomanagement-Plan für jede Produktfamilie erstellen
- Risiken identifizieren, analysieren, bewerten, beseitigen und kontrollieren
- Bewertung der Informationen, die Sie durch die Implementierung des Systems in der Fertigungsphase gewonnen haben
- Die Erkenntnisse nutzen, um Anpassungen im Herstellungsprozess vorzunehmen
- klinische Bewertung
- klinischen Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen (z.B. über Reklamationen und Kulanzen)
- Implementierung und Management eines Systems zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen sowie Prüfung und Dokumentation der Erfahrungen nach dem Inverkehrbringen (Sicherheitsbericht).
Eine spezielle Norm, sowie eine Zertifizierungsverpflichtung schreibt die MDR nicht vor. Jedoch ist jeder zahntechnische Betrieb dazu verpflichtete ein dynamisches und „gelebtes“ System einzuführen, aufrechtzuerhalten und ständig zu verbessern
Klinische Bewertung
Zudem müssen auch Sonderanfertigungen einer klinischen Bewertung unterzogen werden und sind ein Bestandteil des Qualitäts- bzw. des Risikomanagementsystems. Der Umfang des klinischen Nachweises muss den Merkmalen des Produktes und deren Zweckbestimmungen angemessen sein.
Folgende Punkte sind, der klinischen Bewertung betreffend, zu berücksichtigen:
- kritische Bewertung der einschlägigen, derzeit verfügbaren wissenschaftlichen Fachliteratur über Sicherheit, Leistung, Auslegungsmerkmale und Zweckbestimmung des Produkts.
- eine kritische Bewertung der Ergebnisse aller verfügbaren klinischen Prüfungen.
- eine Berücksichtigung der gegebenenfalls derzeit anderwärtig verfügbaren Versorgungsoptionen für diesen Zweck.
Klinische Nachbeobachtung
Für die klinische Nachbeobachtung eines bereits in den Verkehr gebrachten Produktes muss ein Plan festgelegt werden. Für das Sammeln und Bewerten der betreffenden Daten müssen unter anderem folgende Methoden und Verfahren angewendet werden:
- Ermittlung zuvor unbekannter Nebenwirkungen (z. B. Veränderungen infolge Wechselwirkungen mit Medikamenten).
- Bewertung der klinischen Daten zu gleichartigen oder ähnlichen Produkten.
- Einholung des Feedbacks von Anwendern (Reklamationen und Kulanzen).
- Durchsicht wissenschaftlicher Fachliteratur und anderer Quellen klinischer Daten.
Um erforderliche Korrekturen durchzuführen, ist der Hersteller dazu aufgefordert, aus den Erfahrungen der klinischen Nachbeobachtung angemessene Vorkehrung zu treffen. Gemäß der MDR, muss den zuständigen Behörden bei vorliegender Kenntnis sofort jedes schwerwiegende Vorkommnis gemeldet werden.